Sonntag, 19. Juni 2016

Manga Cafés - ein Paradies für Otaku


Manga Kissa (jap. 漫画喫茶 ) sind Einrichtungen in Japan, die eine Kombi aus Café und Bibliothek bilden. Sie bieten neben Manga zum Lesen auch einen Ort zum Verweilen und Entspannen sowie andere schöne Extras wie Internetzugang, Multimediaunterhaltung und Spielekonsolen an.

Geschichte

Die ersten Manga Kissa kamen Ende der 1970er Jahre auf der Insel Okinawa und in der Stadt Nagoya auf und orientierten sich an japanischen Kaffeehäusern. Anfangs waren sie eher als kleine Cafés gedacht, in denen man neben einer Tasse Tee und Kaffee genießen auch seine Zeit mit Manga verbringen konnte und erinnerten an südkoreanische Manhwabang.

Ihre Blütezeit erreichten die Manga Kissa ab dem Jahr 1997, denn das Sortiment an Manga wuchs beträchtlich, in Tokio alleine gab es zwischen 1997 bis 2000 einen Anstieg von zwei auf 100 und im Jahr 2000 gab es sogar schon 200 mit einem Gesamtumsatz von 20 Milliarden Yen was etwa 135 Millionen Euro ist.


Einrichtung und Services

Manga Kissa befinden sich meist in Großstädten und verteilen sich über gesamte Etagen in Hoch- und Geschäftshäusern.


Man kann zwei Arten von Räumen unterscheiden: offene und private. Die offenen Sitze sind typische Bürostühle mit Computer-Tischen. Private Kabinen sind solche, die Trennwände für Privatsphäre sowie Platz für einen Tisch und einen Bürostuhl bieten, weiterhin aber noch andere Sitzmöglichkeiten haben können. Manche lassen auch noch mehr Platz für zwei Personen und sogar Familien zu, die dann teurer sind. Außerdem wird meist auch in einen Männer- und Frauenflügel unterteilt.

Es sind außerdem verschiedenen Pakete buchbar wie das Früh-Morgen-Paket oder Übernachtungspaket, die noch weitere Besonderheiten umfassen. Immer im Preis enthalten sind die warmen wie kalten Getränke, die an den Automaten erhältlich sind. Neben einem breiten Sortiment von bis zu mehreren zehntausend Manga wird eben auch Internet, DVD-Spieler und Spielekonsolen angeboten, manchmal kann man es sich auch in einem Massagesessel gemütlich machen und sich sogar mit Duschen frisch machen oder seine Wäsche waschen. Für eine Gebühr von 100 Yen kann man sogar nützliche Dinge wie Handtücher und Zahnbürsten erwerben. Insofern sind solche Einrichtungen nicht nur Café und Bibliothek in einem, sondern auch gut eingerichtete Mini-Hotels zum günstigen Preis.


Daneben gibt es auch Fernseher und teilweise auch Snack-Automaten. Weiterhin gibt es verschiedene Arten von Sitzgelegenheiten wie einem Sofa, Internetsitz, Pärchensitz, zashiki (mit Tatami) und Lesesitz. Darüber hinaus bieten einige Manga Kissa auch Magazine, Musik-CDs, einen Nagelsalon, Zeitungen, Tischtennis und Gesellschaftsspiele wie Mahjong an.

Die Einrichtungen sind ganzjährig rund um die Uhr geöffnet. Bezahlt wird nach Besuchszeit, wobei der Tarif für die erste Stunde meist 400 bis 600 Yen (etwa 2,70 bis 4 Euro) umfasst und danach wird in 15-Minuten-Schritten abgerechnet. Viele Manga Kissa haben auch Pauschalpreise für die ganze Nacht, die dann zwischen 1200 und 1300 Yen liegen (etwa 8 bis 9 Euro) und damit eine billigere Alternative zu den Kapselhotels und Love Hotels darstellen. Eine der größten Manga-Kissa-Ketten sind „Gran Cyper Cafe“, „Manga GeraGera“ und „Manga Manboo“. An einem gewöhnlichen Wochentsag im I-Cafe Akihabara, kommen bis zu 400 Gäste zu Besuch, meist Geschäftsleute, „freeters“ (also Parttimers) und Studenten, am Wochenende sogar bis zu 600.




Wie es im Manga Kissa abläuft.

1. Man betritt das Gebäude und nimmt den Fahrstuhl zu der entsprechenden Etage

2. Es kann sein, dass eine Mitgliedschaft für den Besuch eines Mange Café erforderlich ist, deswegen muss man sich dann dort anmelden. Die Mitgliedschaftskarte beträgt 100-200 Yen. Außerdem ist eine Photo ID, wie der Ausweis bspw. notwendig.

3. Man wird gefragt, welche Art von Kabine oder Sitz man haben möchte und auch nach der Zeit, die man dort verbringen will. Es gibt meist eine Preisliste am Schalter, die bei der Entscheidung helfen kann. Der Plan, den man aussucht, bestimmt die Länge der Zeit, die man bezahlen muss. Will man länger bleiben, werden weitere 100 Yen pro 10-15-Minuten-Takt dazu gerechnet.

4. Das Personal wird einem die Mitgliedschaftskarte aushändigen und die Quittung, auf der sich Name, Sitz oder Kabinennummer und Anfangszeit befinden.

5. Danach kann man zu Platz nehmen. Ist man in einer Kabine kann man die Tür oder Vorhänge schließen. Für gewöhnlich ist das Manga Café ein ruhiger Ort und es gilt als unhöflich, wenn man viel Lärm macht und dadurch andere stört. Will man weitere Services in Anspruch nehmen muss man das am Empfang machen.

6. Später, wenn man dann gehen will, nimmt man die Quittung und bezahlt am Schalter. Das Personal wird die Rechnung anhand der Sitz- oder Kabinenart, dem Zeitplan und zusätzlichen Kosten ausmachen, falls vorhanden.


Probleme

Da diese Einrichtungen ganztägig offen sind, gibt es auch meist keine zeitliche Einschränkung für den Besuch. Im Frühjahr 2007 wurde in zehn Präfekturen eine Umfrage durchgeführt, die zeigte, das ca. 80 aller Manga Kissa Gäste mit deutlich langer Verweildauer verzeichnen, oft meist mehr als zehn zur gleichen Zeit. Dazu zählen nicht nur reisende Geschäftsleute, die hohe Übernachtungskosten vermeiden wollen, sondern auch Geringverdiener, die keine eigene Wohnung besitzen und Obdachlose. In einigen Fällen werden Manga Kissa sogar über mehrere Jahre hinweg als Wohnungsersatz verwendet.

Das Geschäftsprinzip der Manga Kissa hat ein gefährliches Missbrauchpotenzial wie einzige Beispiele zeigen:

Der 33-jährige Obdachlose Kentaro Shimada sorgte im Jahr 2005 für Schlagzeilen, als er nach einem zweimonatigen andauernden Besuch in einem Manga Kissa in Nagaoka fliehen wollte ohne seine 520.000 Yen (etqa 3500 Euro) Rechnung zu bezahlen.

Im April 2006 wurde der 37-jährige Kiyoshi Ikeda verhaftet, weil er nach einem 34-tägigen Daueraufenthalt in einem Manga Kissa in Gifu ebenso seine Rechnung in Höhe von 150.00 Yen (etwa 1000 Euro) nicht bezahlen konnte.

Darüber hinaus beschweren sich diverse Manga-Publisher, dass solche Cafés unfair sind. Die Geldbeträge für den Mangakonsum erhalten eher die Café-Besitzer als die Mangapublisher, wodurch letztere befürchten, weniger Profit zu machen.



Manga Kissa in Deutschland



Mittlerweile hat dieses Phänomen auch in Deutschland Einzug gefunden, so das Manga Café „Manga Hof“ in Düsseldorf. Dort wird sogar ein außergewöhnliches Sortiment von ca. 11. 000 Exemplaren zum Lesen bereit gestellt, aber auch viele schöne Sitzmöglichkeiten sowie im hinteren Bereich Kabinen, in denen man für sich sein kann. Eine Stunde kostet 5 Euro in solch einer Kabine mit Computer dann 6 Euro und ein privater Raum 7 Euro. Je länger man bleibt, desto weniger kostet es, bei zwei Stunden bezahlt man 1 Euro weniger, bei 3 Stunden nur 3 Euro. Geöffnet hat das Manga Café täglich von 12:00 bis 00:00 Uhr.




1 Kommentar:

  1. Interessanter Artikel!
    Von einer Manga-Bib habe ich bis jetzt noch nie was gehört.
    Ein tolles Konzept :D
    Schade nur, dass diese Manga Kissa hier in Deutschland nicht mehr verbreitet sind. Düsseldorf liegt nicht gerade um die Ecke (für mich zumindest)...

    Die Probleme sind ja eigentlich nichts Neues. Dass öffentliche Einrichtungen ein hohes Missbrauch potenzial haben, kennen wir ja schon von unseren Bibliotheken hier, vor allem bei denen mit 24-Stunden-Öffnungszeiten.
    Genau so, wie der stille Kampf zwischen Bibliotheken, dem Buchhandel und Verlagen.
    Naja, man kann nicht jedes Problem optimal lösen...

    Trotz allem finde ich deinen Artikel echt klasse und die Idee genial :D
    Also auf nach Düsseldorf!

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